Heimatkalender Januar 1993

Vor 150 Jahren - Bahnreisen huckepack über die Elbe

Auf Betreiben der damals zuständigen dänischen Regierung wurde im Jahre 1860 die Lübeck-Büchener Bahn mit Anschluß nach Lauenburg gebaut. Um diese Trasse wirtschaftlich zu machen, wurde 1861 zwischen der Lübecker und der Hannoverschen Staatseisenbahn und der Hamburg-Berliner Eisenbahngesellschaft vertraglich vereinbart, eine Trajektanstalt (Eisenbahn-Fähranlage von lat. traiectus - Überfahrt) zwischen Lauenburg und Hohnstorf einzurichten und die Bahnstrecke auf Hannoverscher Seite nach Lüneburg weiterzuführen. Die Bauarbeiten dauerten bis Herbst 1863. Der Bahnhof Hohnstorf, als Grenzübergangsstation angelegt, war bei seiner Fertigstellung der zweitgrößte Bahnkomplex im damaligen Königreich. Der Grenzstatus endete für Hohnsorf 1866, als die Preußen beiderseits der Elbe die Macht übernahmen.

Interessantester Punkt an der Lübeck-Lüneburger Bahnverbindung war die Eisenbahn-Dampffähre Lauenburg, ein mit Gleisen ausgelegter Raddampfer von 44 m Länge und 7,2 m Ladebreite. Es konnten jeweils vier Waggons mit einem Gewicht von 600 Zentnern übergesetzt werden. Die Fahrgäste stiegen am Bahnhof aus und gingen zu Fuß an Bord. Sie waren während der Überfahrt in zwei Kajüten (1./2. Klasse und 3./4. Klasse) untergebracht.

Auf der Hohnstorfer Seite hatte man einen kleinen Hafen gebaut, der nach Osten durch eingerammte Baumstämme gegen Eisgang gesichert war. Zu diesem Anleger, Molum genannt, führten die Gleise über eine schiefe Ebene den Deich hinunter auf die bewegliche Rampe. Die ankommenden Waggons wurden mit einer oberhalb im Maschinenhaus laufenden dampfbetriebenen Winde von der Fähre die Steigung hinaufgezogen. Das Hinunterlassen zur Überfahrt geschah mit ausgekuppelter, handgedrehter Winde. Dabei kam es durch Unachtsamkeit der Bedienungsmannschaften manchmal dazu, daß die vier abgelassenen Wagen über die Fähre hinaus ins Wasser schossen und dann in aufwendiger Bergungsarbeit von Spezialisten gehoben werden mußten.

Auch bei Eisgang wurde der Trajektbetrieb solange wie möglich aufrecht erhalten. Stand die Elbe wurde eine Eisbahn angelegt, und die Fahrgäste konnten zu Fuß über den Fluß. Stückgut und Gepäck wurden dann von den Hohnstorfern auf großen Handschlitten hinübergeschafft. Größere Frachtstücke blieben bis zum Tauwetter liegen.

1871 wurde wegen des hohen Betriebsaufkommens eine zweite Fähre, die Hohnstorf, in Betrieb genommen. 1875 reichte jedoch die Kapazität beider Fähren nicht mehr aus, und man begann mit dem Bau der Elbbrücke, die am 1. November 1878 von Kaiser Wilhelm I. für den Verkehr freigegeben wurde. Der neue Schienenstrang ging an dem alten Hohnstorfer Bahnhof vorbei. Das Dorf erhielt für den Personenverkehr lediglich eine kleine Haltestelle vor der Brücke. Der alte Bahnhof diente mit dem verbliebenen Anschlußstück noch bis in die 30er Jahre als Güterverladestation für Schiffsfrachten von der Elbe, unter anderem Sprengstoff von der Geesthachter Dynamtifabrik. Heute erinnert kein Schienenstück mehr an die frühere Nutzung des großen Gebäudes. Der Bahnhof ist nun die Grundschule für Hohnstorf und die umliegenden Dörfer. Die Fähre Lauenburg fand schon 1880 ihr Ende als Ponton im Hamburger Hafen.

Text und Foto

Dirk Krause, Echem

Eisenbahn Dampffähre Lauenburg
Eisenbahn Dampffähre Lauenburg

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Heimatkalender Januar 1993, 1. Blatt
Heimatkalender Januar 1993, 2. Blatt